Fettverbrennung im Schlaf? So funktioniert der Nachbrenneffekt beim Krafttraining
Kennst Du das? Du quälst Dich im Fitnessstudio ab, gibst alles bei jeder Wiederholung – und fragst Dich insgeheim, ob die Anstrengung wirklich den gewünschten Effekt bringt? Was wäre, wenn ich Dir sage, dass Dein Körper auch noch lange nach dem Training weiter Kalorien verbrennt – während Du auf der Couch entspannst oder sogar schläfst?
Genau darum geht es beim sogenannten „Nachbrenneffekt“. Ein faszinierendes Phänomen, das Dir helfen kann, Deine Trainingsergebnisse zu maximieren, ohne zusätzliche Zeit im Gym zu verbringen.
In diesem Artikel erfährst Du:
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- Was der Nachbrenneffekt (EPOC) wissenschaftlich betrachtet eigentlich ist
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- Welche Trainingsformen den stärksten Nachbrenneffekt erzeugen
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- Wie Du Dein Training optimieren kannst, um davon maximal zu profitieren
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- Welches realistische Potenzial in diesem Effekt steckt
Lass uns eintauchen in die Wissenschaft hinter dem Nachbrenneffekt und herausfinden, wie Du ihn für Deine Fitnessziele nutzen kannst!
Was ist der Nachbrenneffekt beim Krafttraining?
Der Nachbrenneffekt – in der Fachsprache als EPOC (Excess Post-Exercise Oxygen Consumption) bezeichnet – ist ein physiologisches Phänomen, bei dem Dein Körper nach intensivem Training weiterhin einen erhöhten Energieverbrauch hat.
Die Wissenschaft hinter dem EPOC
Früher dachte man, der Nachbrenneffekt entstehe hauptsächlich durch ein „Sauerstoffdefizit“, das während des Trainings aufgebaut und anschließend ausgeglichen werden muss. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass es komplexer ist.
Der EPOC resultiert aus einer metabolischen Störung des Körpers durch intensive Belastung, einschließlich eines Anstiegs des Katecholaminspiegels (Stresshormone wie Adrenalin). Diese Störung führt dazu, dass Dein Körper auch nach dem Training weiterhin auf Hochtouren läuft – und mehr Kalorien verbrennt als im normalen Ruhezustand.
Während eines intensiven Trainings entsteht zunächst ein Sauerstoffdefizit. Nach dem Training wird nicht nur dieses Defizit ausgeglichen, sondern es kommt zu einer erhöhten Sauerstoffaufnahme (EPOC), die mit einem gesteigerten Kalorienverbrauch einhergeht.
Aerob vs. Anaerob – Was ist der Unterschied?
Um den Nachbrenneffekt zu verstehen, ist es wichtig, die Unterschiede zwischen aerobem und anaerobem Training zu kennen:
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- Aerobe Energiebereitstellung: Findet statt, wenn genügend Sauerstoff vorhanden ist. Dein Körper verstoffwechselt dabei vorwiegend Fettsäuren. Typisch für längere Aktivitäten mit moderater Intensität.
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- Anaerobe Energiebereitstellung: Tritt ein, wenn Dein Körper nicht genug Sauerstoff für die geforderte Intensität bereitstellen kann. Hier werden hauptsächlich Kohlenhydrate verstoffwechselt, und es bildet sich Laktat.
Wichtig zu wissen: In der Praxis befinden wir uns fast immer in einem Mischstoffwechsel. Die Dominanz (aerob oder anaerob) wird hauptsächlich durch die Belastungsintensität, -dauer und die Verfügbarkeit von Energiesubstraten bestimmt.
Studien zeigen: Bei gleicher geleisteter Arbeit fällt der EPOC aus anaerober Belastung höher aus als der aus aerober Belastung. Das erklärt, warum intensives Krafttraining oder HIIT (High Intensity Interval Training) einen stärkeren Nachbrenneffekt erzeugen als gemütliches Joggen.
Welche Trainingsarten maximieren den Nachbrenneffekt?
Nicht jedes Training ist gleich effektiv, wenn es um den Nachbrenneffekt geht. Hier erfährst Du, welche Trainingsformen besonders gut abschneiden.
Krafttraining vs. klassisches Cardio
Die Forschung spricht eine klare Sprache: Intensives Krafttraining erzeugt einen deutlich höheren EPOC als konventionelles Ausdauertraining. Warum? Krafttraining verursacht:
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- Ausgeprägtere Störungen des Säure-Basenhaushalts
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- Mikrotraumata in der Muskulatur
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- Stärkere Muskelermüdung
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- Einen größeren Einfluss auf das Hormonsystem
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- Verstärkten Proteinstoffwechsel für die Muskelreparatur
All diese Faktoren führen dazu, dass Dein Körper nach dem Krafttraining mehr Energie aufwenden muss, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
HIIT: Der Nachbrenn-Champion
Eine Ausnahme bildet das High Intensity Interval Training (HIIT). Diese spezielle Form des Cardiotrainings kann sogar einen höheren EPOC erzeugen als klassisches Krafttraining. Studien von Paoli et al. wiesen nach HIIT einen erhöhten Nachbrenneffekt für bis zu 22 Stunden nach.
Teuth et al. belegen in ihrer Studie einen um 100 kcal erhöhten Mehrverbrauch (Trainingseinheit + EPOC) über 24 Stunden nach HIIT-Training im Vergleich zu konventionellem Steady-State-Cardiotraining. Trap et al. bestätigen diese Ergebnisse und weisen Intervalltraining einen 10% höheren Gesamtkalorienumsatz binnen 24 Stunden nach einer Trainingseinheit nach.
Interessant: HIIT maximiert den EPOC, obwohl konventionelles Cardiotraining während des eigentlichen Workouts oft mehr Kalorien verbrennt!
Die beste Übung für maximalen Nachbrenneffekt
Nicht alle Kraftübungen sind gleich effektiv für den Nachbrenneffekt. Jeferson et al. untersuchten verschiedene Übungen und fanden heraus, dass der Squat (Kniebeuge) eine hervorragende Übung zur Maximierung des EPOC darstellt.
Das ist nicht verwunderlich, denn Kniebeugen aktivieren die größten Muskelgruppen des Körpers und fordern den Organismus besonders stark. Je mehr Muskelmasse involviert ist, desto stärker der Nachbrenneffekt.
Wie lange hält der Nachbrenneffekt an?
Eine der spannendsten Fragen zum Nachbrenneffekt ist: Wie lange profitiere ich eigentlich davon?
Die Dauer des EPOC
Die Forschungsergebnisse variieren stark, aber einige Studien zeigen beeindruckende Resultate:
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- Schünke et al. geben an, dass der EPOC bis zu 38 Stunden anhalten kann
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- Fatourus et al. untersuchten 2009 den Einfluss von Krafttraining an älteren Probanden (65 bis 82 Jahre) und stellten fest, dass der Grundumsatz bei der Gruppe mit hoher Trainingsintensität erst nach 72 Stunden zum Ausgangswert zurückkehrte!
Die Dauer hängt stark von der Trainingsintensität ab. Reynolds und Kravitz sprechen sich in ihrem Review insbesondere bei nüchtern durchgeführtem, hochintensivem Krafttraining für bedeutende Effekte aus.
Intensität ist der Schlüssel
Damit überhaupt ein nennenswerter EPOC auftritt, bedarf es einer Mindestintensität, die laut McDonald bei etwa 65% der maximalen Herzfrequenz liegt. Je intensiver das Training, desto länger und stärker der Nachbrenneffekt.
Thornton et al. bestätigen, dass hohe Intensität im Krafttraining zu einem stärkeren EPOC führt. Die Intensität ist dabei sogar wichtiger als die Dauer des Trainings!
Das realistische Potenzial des Nachbrenneffekts
Klingt alles toll – aber wie viele zusätzliche Kalorien kannst Du tatsächlich durch den Nachbrenneffekt verbrennen?
Die Zahlen im Überblick
Die Forschungsergebnisse variieren stark:
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- Binzen et al. berichten von einer Ruheumsatzerhöhung durch EPOC um 18,6% (gemessen an trainierten Probandinnen nach Krafttraining)
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- Andere Studien sprechen von einer Erhöhung um nur 4,2% (Krämer et al.) oder 4,7% (Melby et al.), was etwa 50 zusätzlichen Kalorien entspricht
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- McDonald gibt an, dass Cardiotraining bei 85% der maximalen Herzfrequenz den Gesamtenergieverbrauch um 7% erhöhen kann
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- HIIT kann laut McDonald den Energieverbrauch um bis zu 13% steigern
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- Krafttraining erhöht die Stoffwechselrate um 9 bis 11% für bis zu 37 Stunden, allerdings nur bei hohem Trainingsvolumen (30-60 Sätze)
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- Andere Studien berichten von 700 extra verbrannten Kalorien über 48 Stunden nach einem Krafttraining mit nur 16 Sätzen
Was bedeutet das für Dich?
Die große Spannbreite der Ergebnisse zeigt: Der Nachbrenneffekt existiert definitiv, aber sein Ausmaß hängt stark von verschiedenen Faktoren ab:
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- Deinem Trainingszustand (Untrainierte profitieren stärker)
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- Der Trainingsintensität (je intensiver, desto besser)
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- Der Trainingsart (Krafttraining und HIIT schneiden am besten ab)
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- Den gewählten Übungen (Grundübungen mit viel beteiligter Muskelmasse maximieren den Effekt)
Ein realistischer Mehrverbrauch liegt wahrscheinlich zwischen 50 und mehreren Hundert zusätzlichen Kalorien nach einem intensiven Training – je nach den genannten Faktoren.
Wie Du den Nachbrenneffekt für Dich nutzen kannst
Basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen hier meine praktischen Tipps, um den Nachbrenneffekt zu maximieren:
1. Intensität vor Dauer
Trainiere lieber kürzer und intensiver als länger und mit geringer Intensität. Die Trainingsintensität hat den größten Einfluss auf den EPOC.
2. Kombiniere Krafttraining und HIIT
Eine Kombination aus intensivem Krafttraining und HIIT-Elementen bringt die besten Ergebnisse für den Nachbrenneffekt.
3. Fokussiere auf Grundübungen
Integriere Übungen, die viele und große Muskelgruppen beanspruchen:
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- Kniebeugen (Squats)
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- Kreuzheben (Deadlifts)
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- Bankdrücken
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- Klimmzüge
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- Rudern
4. Halte die Pausen kurz
Kürzere Pausen zwischen den Sätzen (30-60 Sekunden) halten die Intensität hoch und verstärken den Nachbrenneffekt.
5. Trainiere nüchtern (optional)
Einige Studien deuten darauf hin, dass Training im nüchternen Zustand den EPOC verstärken kann. Dies ist jedoch optional und sollte nur umgesetzt werden, wenn Du Dich dabei wohlfühlst.
6. Plane strategische Trainingseinheiten
Da der Nachbrenneffekt bis zu 72 Stunden anhalten kann, ist es sinnvoll, intensive Trainingseinheiten strategisch über die Woche zu verteilen, statt sie zu bündeln.
FAQ zum Nachbrenneffekt beim Krafttraining
Verbrennt der Nachbrenneffekt hauptsächlich Fett?
Ja, tatsächlich stammt fast die gesamte Energie, die im Rahmen des EPOC verstoffwechselt wird, aus Fettsäuren. Schon 20 Minuten nach dem Training ist ein starker Abfall der Kohlenhydratverstoffwechlung messbar.
Ist der Nachbrenneffekt bei Untrainierten stärker?
Ja, Kevin und Kollegen konnten nachweisen, dass der Nachbrenneffekt bei Untrainierten höher ausfällt als bei Trainierten. Dies liegt wahrscheinlich an bereits stattgefundenen Anpassungsprozessen bei regelmäßig Trainierenden.
Kann der Nachbrenneffekt allein zu signifikantem Gewichtsverlust führen?
Foureaux et al. fassen in ihrem Review zusammen, dass der kalorische Mehrumsatz durch EPOC allein eher gering ausfällt. Kumulative Effekte sind jedoch denkbar („Kleinvieh macht auch Mist“). Ein signifikanter Einfluss des EPOC allein auf Gewichtsverlust konnte nicht bestätigt werden – er sollte als Bonus zu einer insgesamt ausgewogenen Ernährungs- und Trainingsstrategie betrachtet werden.
Welche Rolle spielt die Ernährung für den Nachbrenneffekt?
Die Ernährung hat keinen direkten Einfluss auf den EPOC selbst, aber eine proteinreiche Ernährung unterstützt die Muskelreparatur nach dem Training, was indirekt den Energieverbrauch erhöhen kann.
Wie oft sollte ich trainieren, um vom Nachbrenneffekt zu profitieren?
Da der Nachbrenneffekt je nach Intensität zwischen 24 und 72 Stunden anhalten kann, sind 2-3 intensive Trainingseinheiten pro Woche optimal, um kontinuierlich von diesem Effekt zu profitieren.
Fazit: Der Nachbrenneffekt – ein wertvoller Bonus für Dein Training
Der Nachbrenneffekt existiert definitiv und kann einen wertvollen Beitrag zu Deinen Fitnesszielen leisten. Er steigt linear mit zunehmender Belastungsdauer, aber exponentiell mit zunehmender Belastungsintensität.
Für die Praxis bedeutet das: Wenn Du merkliche Effekte aus dem Nachbrenneffekt erzielen möchtest, musst Du im Training ordentlich Gas geben! Intensives Krafttraining und HIIT sind dafür die besten Optionen.
Obwohl die zusätzlich verbrannten Kalorien zwischen 50 und mehreren Hundert schwanken können, solltest Du den Nachbrenneffekt als Bonus betrachten – nicht als Hauptstrategie für Gewichtsverlust oder Fettabbau.
Neben dem Nachbrenneffekt sprechen noch viele weitere Gründe für intensives Krafttraining und HIIT: verbesserte Insulinsensitivität, Muskelaufbau, gesteigerte Ausdauer und positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit.
Also: Nutze den Nachbrenneffekt als zusätzliche Motivation, Dein Training intensiv zu gestalten – und freue Dich darüber, dass Dein Körper auch noch lange nach dem Training für Dich arbeitet!
Über den Autor:
Ich bin Philip Lange – begeisterter Sportler seit über 30 Jahren und Personal Trainer aus Leidenschaft. Mit meiner mehr als 15-jährigen Erfahrung helfe ich Menschen dabei, ihr volles körperliches Potenzial auszuschöpfen. Meine Expertise in den Bereichen Krafttraining und Ernährung teile ich gerne, um Dir zu helfen, sportlicher, gesünder und fitter zu werden!
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