IGF-1, GH & MGF – Wachstumsfaktoren verstehen, statt sie zu fürchten

IGF-1, GH & MGF – Wachstumsfaktoren verstehen, statt sie zu fürchten

Einleitung: Die Macht der Wachstumsfaktoren

 

Kennst du das? Du trainierst hart, isst sauber, schläfst ausreichend – und trotzdem scheinen deine Fortschritte zu stagnieren. Vielleicht hast du schon von Wachstumsfaktoren wie IGF-1, GH oder MGF gehört, zögerst aber, dich näher mit ihnen zu beschäftigen, weil sie oft in einem Atemzug mit Doping und unnatürlichen Eingriffen genannt werden.

Lass mich dir eines gleich zu Beginn sagen: Wachstumsfaktoren sind keine Feinde, sondern deine natürlichen Verbündeten auf dem Weg zu mehr Muskelaufbau und besserer Fitness. Diese körpereigenen Botenstoffe spielen eine entscheidende Rolle dabei, wie dein Körper auf Training reagiert, Muskeln aufbaut und sich regeneriert.

In diesem Artikel erfährst du:

    • Was Wachstumsfaktoren eigentlich sind und wie sie funktionieren
    • Wie IGF-1, GH und MGF zusammenspielen, um deine Trainingserfolge zu maximieren
    • Wie du durch intelligentes Training und optimierte Ernährung deine körpereigene Produktion dieser Wachstumsfaktoren ankurbeln kannst
    • Warum ein fundiertes Verständnis dieser Botenstoffe dir helfen kann, dein Training auf ein neues Level zu heben

 

Was sind Wachstumsfaktoren?

 

Wachstumsfaktoren sind spezielle Proteine, die als Signalmoleküle im Körper agieren. Sie binden an spezifische Rezeptoren auf Zelloberflächen und lösen dadurch eine Kaskade von Reaktionen aus, die letztlich zu Zellwachstum, -teilung und -differenzierung führen. Im Kontext von Fitness und Muskelaufbau sind sie die unsichtbaren Architekten, die den Umbau und die Vergrößerung deiner Muskulatur steuern.

Stell dir Wachstumsfaktoren wie Bauaufseher vor: Nach einem intensiven Training geben sie die Anweisungen, wie der „Wiederaufbau“ deiner beanspruchten Muskelfasern ablaufen soll – und zwar besser und stärker als zuvor.

IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1): Der Muskelarchitekt

 

IGF-1 ist einer der wichtigsten Wachstumsfaktoren für den Muskelaufbau. Wie der Name schon andeutet, ähnelt er strukturell dem Insulin, hat aber deutlich unterschiedliche Funktionen.

Funktionen von IGF-1:

 

    • Muskelproteinsynthese: IGF-1 aktiviert den mTOR-Signalweg, der die Proteinsynthese in den Muskelzellen ankurbelt – der Schlüsselmechanismus für Muskelwachstum.
    • Satellitenzellaktivierung: IGF-1 regt die Aktivierung von Muskel-Stammzellen (Satellitenzellen) an, die für die Reparatur und das Wachstum von Muskelfasern unverzichtbar sind.
    • Glukoseaufnahme: Ähnlich wie Insulin fördert IGF-1 die Aufnahme von Glukose in die Zellen, was die Energieversorgung der Muskeln verbessert.
    • Anti-katabolische Wirkung: IGF-1 hemmt den Abbau von Muskelprotein, was besonders in Phasen der Kalorienreduktion wichtig ist.

 

Was viele nicht wissen: Dein Körper produziert IGF-1 hauptsächlich in der Leber als Reaktion auf die Ausschüttung von Wachstumshormon (GH). Aber auch lokal im Muskel selbst wird IGF-1 als Antwort auf mechanische Belastung gebildet. 

GH (Growth Hormone): Der Dirigent des Wachstums

 

Das Wachstumshormon (GH), auch als Somatotropin bekannt, ist der Maestro unter den Wachstumsfaktoren. Es wird in der Hypophyse produziert und steuert zahlreiche Wachstums- und Stoffwechselprozesse im Körper.

Funktionen von GH:

 

    • IGF-1-Produktion: GH stimuliert die Leber zur Produktion von IGF-1, wodurch viele seiner anabolen Effekte vermittelt werden.
    • Fettverbrennung: GH mobilisiert Fettsäuren aus dem Fettgewebe und fördert deren Verwendung als Energiequelle.
    • Proteinsynthese: Unabhängig von IGF-1 kann GH direkt die Proteinsynthese in verschiedenen Geweben, einschließlich der Muskulatur, steigern.
    • Knochenwachstum und -dichte: GH fördert das Längenwachstum der Knochen bei Heranwachsenden und trägt zur Knochendichte bei Erwachsenen bei.

 

Die GH-Ausschüttung folgt einem täglichen Rhythmus mit dem Höhepunkt während des Tiefschlafs. Intensive körperliche Aktivität, insbesondere hochintensives Training, kann ebenfalls zu einer akuten Erhöhung der GH-Sekretion führen. Hier zeigt sich, wie wichtig qualitativ hochwertiger Schlaf und effektives Training für optimale Ergebnisse sind. 

MGF (Mechano Growth Factor): Der Reparaturexperte

 

MGF ist eine Splicevariante von IGF-1, die spezifisch in den Muskeln als Reaktion auf mechanische Belastung und Schädigung produziert wird. Der Name „Mechano Growth Factor“ verrät bereits seine Hauptfunktion: Er reagiert auf mechanische Reize.

Funktionen von MGF:

 

    • Satellitenzellaktivierung: MGF aktiviert und vermehrt Satellitenzellen, die für die Reparatur und das Wachstum von Muskelfasern entscheidend sind.
    • Lokale Wirkung: Im Gegensatz zum systemischen IGF-1 wirkt MGF primär lokal in den beanspruchten Muskeln.
    • Schnelle Reaktion: MGF wird unmittelbar nach intensiver Muskelbelastung gebildet und leitet die ersten Reparaturprozesse ein.
    • Zeitlich begrenzte Aktivität: MGF hat eine relativ kurze Halbwertszeit und bereitet den Weg für die längerfristigen anabolen Effekte des systemischen IGF-1.

 

MGF spielt eine besonders wichtige Rolle in der frühen Phase der Muskelregeneration nach dem Training. Es ist sozusagen der „Ersthelfer“, der die Reparatur- und Wachstumsprozesse in Gang setzt. 

Wachstumsfaktoren optimal nutzen: Training und Ernährung

 

Die gute Nachricht: Du kannst die Produktion und Wirksamkeit dieser Wachstumsfaktoren durch dein Training und deine Ernährung maßgeblich beeinflussen. Hier sind die wichtigsten Strategien:

Trainingsstrategien:

 

    • Hochintensives Training: Studien zeigen, dass insbesondere hochintensive Trainingsmethoden wie Heavy Lifting und HIIT die GH-Ausschüttung signifikant steigern können.
    • Volumen und Frequenz: Ein ausreichendes Trainingsvolumen mit moderater Frequenz maximiert die MGF-Produktion in den Muskeln.
    • Exzentrische Betonung: Die bewusste Betonung der exzentrischen (negativen) Phase bei Übungen kann die lokale IGF-1- und MGF-Produktion erhöhen.
    • Ausreichende Regeneration: Übertraining kann die Wachstumsfaktor-Produktion hemmen – plane strategische Erholungsphasen ein.

 

Ernährungsstrategien:

 

    • Proteinzufuhr: Eine ausreichende Proteinzufuhr (1,6-2,2g pro kg Körpergewicht) bildet die Grundlage für die Wirksamkeit von Wachstumsfaktoren.
    • Timing der Nährstoffe: Die Zufuhr von Proteinen und Kohlenhydraten nach dem Training kann die IGF-1-Wirkung verstärken.
    • Mikronährstoffe: Zink, Magnesium und Vitamin D spielen eine wichtige Rolle bei der Produktion und Wirkung von Wachstumsfaktoren.
    • Intermittierendes Fasten: Kurze Fastenperioden können die GH-Ausschüttung vorübergehend steigern – ein interessanter Ansatz für fortgeschrittene Sportler.

 

Die Bedeutung des Schlafs:

 

Die höchste natürliche GH-Ausschüttung findet während des Tiefschlafs statt. Eine Verbesserung deiner Schlafqualität und -dauer kann daher einen erheblichen Einfluss auf dein Hormonsystem und damit auf deine Trainingsergebnisse haben.

    • Strebe 7-9 Stunden qualitativ hochwertigen Schlaf an
    • Etabliere eine konsistente Schlafenszeit
    • Minimiere Licht- und insbesondere Blaulichtexposition vor dem Schlafengehen
    • Optimiere deine Schlafumgebung (Temperatur, Dunkelheit, Ruhe)

 

Mythen und Missverständnisse über Wachstumsfaktoren

 

Es gibt viele Missverständnisse rund um das Thema Wachstumsfaktoren. Lass uns einige der häufigsten Mythen aufklären:

Mythos 1: „Wachstumsfaktoren sind dasselbe wie Steroide“

 

Realität: Wachstumsfaktoren und anabole Steroide sind grundlegend verschiedene Substanzen mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen. Während Steroide primär über Androgenrezeptoren wirken, nutzen Wachstumsfaktoren spezifische Signalwege für Zellwachstum und -reparatur.

Mythos 2: „Mehr IGF-1 bedeutet automatisch mehr Muskelwachstum“

 

Realität: Die Beziehung zwischen IGF-1-Spiegeln und Muskelwachstum ist komplex. Lokale IGF-1-Produktion im Muskel kann wichtiger sein als systemische IGF-1-Spiegel. Zudem spielen Rezeptorsensitivität und -dichte eine entscheidende Rolle.

Mythos 3: „Natürliche Methoden zur Steigerung von Wachstumsfaktoren sind wirkungslos“

 

Realität: Wissenschaftliche Studien belegen, dass Training, Ernährung und Lebensstil die körpereigene Produktion und Wirksamkeit von Wachstumsfaktoren erheblich beeinflussen können. Die Wirkung ist zwar moderater als bei exogener Zufuhr, dafür aber nachhaltig und ohne Nebenwirkungen.

Mythos 4: „Wachstumsfaktoren sind nur für Bodybuilder relevant“

 

Realität: Wachstumsfaktoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Geweberegeneration, der Knochendichte, der Immunfunktion und sogar der kognitiven Gesundheit. Sie sind für jeden relevant, der seine körperliche und geistige Leistungsfähigkeit optimieren möchte.

Fazit: Wachstumsfaktoren als Teil deiner Fitness-Strategie

 

Wachstumsfaktoren wie IGF-1, GH und MGF sind keine mysteriösen oder bedrohlichen Substanzen, sondern natürliche Bestandteile deines Körpers, die maßgeblich zu deinen Trainingserfolgen beitragen. Ein fundiertes Verständnis ihrer Funktionen und Wechselwirkungen kann dir helfen, dein Training, deine Ernährung und deinen Lebensstil so zu optimieren, dass du das volle Potenzial deines Körpers ausschöpfst.

Statt Wachstumsfaktoren zu fürchten, solltest du sie als wertvolle Verbündete betrachten, die du durch intelligentes Training und optimierte Ernährung für dich arbeiten lassen kannst. Denk daran: Es geht nicht darum, diese Systeme zu überlisten oder zu manipulieren, sondern sie zu verstehen und zu unterstützen.

Wie bei allen Aspekten des Trainings gilt auch hier: Wissen ist Macht. Je besser du verstehst, wie dein Körper funktioniert, desto effektiver kannst du trainieren und desto nachhaltiger werden deine Ergebnisse sein.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Wachstumsfaktoren

 

Wie kann ich meine natürliche GH-Produktion steigern?

 

Intensive Trainingseinheiten, ausreichend Schlaf (7-9 Stunden), Stressreduktion und intermittierendes Fasten können die natürliche GH-Produktion fördern. Auch die Optimierung des Vitamin-D-Spiegels und die Reduzierung des Körperfettanteils können positive Auswirkungen haben.

Welche Nahrungsergänzungsmittel können die Wachstumsfaktor-Produktion unterstützen?

 

Zink, Magnesium, Vitamin D und bestimmte Aminosäuren wie Arginin und Ornithin können die natürliche Produktion von Wachstumsfaktoren unterstützen. Allerdings ist ihre Wirkung moderat und sollte als Ergänzung zu einer soliden Trainings- und Ernährungsstrategie betrachtet werden.

Ist die Wirkung von Wachstumsfaktoren altersabhängig?

 

Ja, die natürliche Produktion von GH und IGF-1 nimmt mit zunehmendem Alter ab. Dies ist einer der Gründe, warum der Muskelaufbau im Alter schwieriger wird. Umso wichtiger wird es, durch optimales Training, Ernährung und Regeneration die körpereigene Produktion zu unterstützen.

Kann ich durch bestimmte Trainingsmethoden gezielt die MGF-Produktion steigern?

 

Trainingsmethoden, die eine hohe mechanische Spannung erzeugen, wie schwere Grundübungen und exzentrisch betonte Wiederholungen, können die lokale MGF-Produktion in den beanspruchten Muskeln besonders effektiv stimulieren. Auch Drop-Sets und andere Intensitätstechniken können wirksam sein.

Wie lange dauert es, bis Anpassungen in der Wachstumsfaktor-Produktion nach Trainingsumstellung sichtbar werden?

 

Die akute Reaktion (erhöhte GH-Ausschüttung) erfolgt unmittelbar während und nach dem Training. Langfristige Anpassungen der Rezeptorsensitivität und Baseline-Werte können jedoch 4-12 Wochen dauern. Geduld und Konsistenz sind hier, wie bei allen Aspekten des Trainings, entscheidend.


 

Über den Autor

Philip Lange ist seit 2015 als Personal Trainer in Kiel tätig und bringt über 30 Jahre Erfahrung im Bereich Fitness und Bodybuilding mit. Seine Leidenschaft für Sport, Ernährung und Gesundheit begann bereits im Alter von 14 Jahren, inspiriert von Arnold Schwarzenegger und aufgrund seiner eigenen Diagnose von Typ-1-Diabetes.

Nach seiner Karriere in der Versicherungsbranche und einer prägenden Zeit im legendären Gold’s Gym in Venice, Kalifornien, widmet er sich heute mit Herzblut dem Personal Training und hilft seinen Klienten dabei, ihr volles körperliches und psychisches Potenzial auszuschöpfen.

Willst du mehr über Wachstumsfaktoren und optimales Training erfahren?

 

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du deine körpereigene Produktion von Wachstumsfaktoren optimieren kannst, um bessere und schnellere Trainingsergebnisse zu erzielen, dann kontaktiere mich für ein unverbindliches Beratungsgespräch. Gemeinsam entwickeln wir eine auf dich zugeschnittene Strategie, die dein Training auf ein neues Level hebt.

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Haftungsausschluss: Dieser Artikel dient ausschließlich zu Informationszwecken und ersetzt keine medizinische Beratung. Konsultiere vor größeren Änderungen deines Trainings- oder Ernährungsplans immer einen Arzt oder qualifizierten Gesundheitsexperten.

 
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